Es ist soweit, die ebenso multinationale wie multistilistische Band Russkaja bringt ihr sechstes Studioalbum No One Is Illegal heraus. Seit 2017 gab es keine Veröffentlichung eines Longplayers der Band. Nun ist einiges anders als bei den bisherigen Tonträgern, wir haben Sänger Georgij Alexandrowitsch Makazaria und Violonistin Mia Nova zur Entstehung des neuen Albums befragt.
Ihr bringt ein neues Album auf den Markt, bleibt ihr eurem Stil treu, oder wie habt ihr etwas verändert?
Georgij: Drastisch… (grinst) wir sind dieses Mal bei der Produktion des Albums einen anderen Weg gegangen, wir haben mit Produzenten von auswärts gearbeitet, die am Songwriting beteiligt waren.
Wie war das bisher?
Georgij: Die Band hat alle Songs alleine geschrieben. Uns war klar, dass wir einiges abgeben müssen, vielleicht nicht die Kontrolle, aber wir mussten mit den Produzenten einiges teilen. Für uns war einiges am Album ungewöhnlich, es geht mehr in die poppige Richtung.
Mia: Früher war das Songwriting mehr auf den Livebetrieb ausgelegt und das ist nun mit dem Album nicht mehr so. Das Album ist nun radiotauglicher gehalten.
Georgij: Es ist sozusagen ein doppelt gemoppeltes Album: wenn es dir gefällt, bist du gespannt auf die Live-Version, und wenn es dir nicht gefällt, hast du noch die Hoffnung, dass es dir live besser gefallen wird.
Wie wichtig sind euch das Gleichgewicht zwischen Party- und Unterhaltungsshow und politischen Statements?
Mia: Früher waren wir mehr auf Party und Unterhaltung ausgerichtet, nun haben wir im Songwriting ernstere Themen einfließen lassen. Aber die gewohnte Partystimmung wird bei den Konzerten nicht zu kurz kommen. Gerade unser erster Song auf dem Album Love Revolution ist ein gutes Beispiel für einen Partysong, in dem wir zeigen, wie wir die Welt verändern wollen.
Georgij: Na ja, wir haben auch kein Rezept, wie wir die Welt retten können, sucht nicht in unserem Album nach einer Lösung, aber als „kuschelige“ Band glauben wir noch immer, dass Liebe die Welt retten kann. Also bei unseren Konzerten werden wir ein Massenschmusen veranstalten und am 9. April kann man das dann auch in Wien erleben, wie wir uns das vorstellen.
Georgij: Druschba ist ein eindeutiger Partysong der in Kooperation mit der bosnischen Band Dubioza kolektiv entstanden ist. Auch der Albumtitelsong No One Is Illegal, da kann man sagen, dass es ein politischer Song ist, aber wir wollen sagen, dass es eine menschliche Aussage ist.
Aber es ist doch eine politische Aussage?
Georgij: Ja, aber wir sehen es als menschliche Aussage, weil Politik immer spaltet und nicht verbindet. Es gibt einiges, das für uns humane Wesen für alle gelten sollten. Es ist ein Versuch von uns Musikern, mit unseren Mitteln dies auszudrücken. Here is the News ist ein Song, der medienkritisch ist, weil wir der Meinung sind, dass Medien oft instrumentalisiert werden, um öffentliche Meinungen zu bilden. Daher wird das zu Propaganda und die Medien geben den Regierungen Mittel in die Hände, die sie nicht haben sollten.
Russkaja: Mehr Multikulti oder mehr Multistilistisch?
Du bist in Russland aufgewachsen, wie wichtig ist dir die Authentizität der traditionellen Elemente in der Musik von Russkaja? Fühlst du dich der traditionellen Musik Russlands zugehörig?
Georgij: Bei Russkaja war das nie so im Vordergrund, es war immer das Einfügen der Einflüsse, die uns prägen, in Stilrichtungen, die uns gefallen haben wie Ska, Punk oder Rock. Für traditionelle russische Musik singe ich in einem anderen Projekt, das heißt Russian Gentlemen. Da spielen wir russische Lieder, Romanzen, Balalaika Lieder, aber keine eigenen Songs. Bei Russkaja steht die Mischung verschiedenster Musikrichtungen im Vordergrund. Am Album spielen wir die Songs eher poppiger, aber live spielen wir sie mehr in Richtung Polka.
Wie bekommst du alle deine Projekte unter einen Hut? Du bist Studiobesitzer, hast immer mehrere musikalische Projekte…
Georgij: Also das mit dem Studiobesitzer ist jetzt nicht so eine große Sache, wir haben eher einen Proberaum, in dem man ganz gut aufnehmen kann. Auch Russian Gentlemen ist nicht so aufwendig. Der Fokus liegt bei mir immer auf Russkaja.
Wie läuft bei euch das Songwriting ab?
Georgij: Es fangt meistens mit einer Handyaufnahme an, und wir setzen uns dann zusammen. Ich sortiere, was könnte Potential haben, was nicht, bei fünfzig Aufnahmen bleiben 25 Ideen über. Die Hälfte ist interessant und aus zehn Ideen mache ich dann Songs. Wir machen alles selber. Wenn der Musiker kommt, kann er dann Varianten anbieten, wenn er seine Parts einspielen soll, aber das Songkonstrukt wird mit Engl Mayr und manchmal auch mit Mia erarbeitet. Und bei dem Album war es eben anders, da ist von uns ein Demo nach Deutschland geschickt worden, und die Produzenten haben dann ihre Ideen zurückgeschickt. Oft sogar am nächsten Tag ist etwas zurückgekommen. So war das aber auch bei den Musikern. Oft war es gut, wenn die Musiker im Studio gespielt haben, was sie sollten, manchmal haben wir auch ihre eigene Ideen aufgenommen.
Mia: Man muss auch unterscheiden, ob es um das Album geht oder live. Bei Liveproduktionen hat der Musiker sicher mehr Einfluss.
Russkaja und die Festivalsaison
Nun beginnt bald die Festivalsaison. Ihr werdet wieder auf einigen spielen. Gefallen euch die Festivalbühnen besser als die Clubauftritte?
Mia: Festivals spielen ist sehr schön, weil die Bühnen größer sind. In Clubs ist der Kontakt zum Publikum viel größer.
Georgij: Man muss auch bedenken, im Club kommen die Fans wegen dir und beim Festival kommen die Fans wegen dem Festival-Line-up. Da bist du nur ein Teil von der ganzen Veranstaltung. Clubgigs sind intimer, das ist mehr wie eine Kleinkunstbühne. Da kann man mehr mit dem Publikum interagieren.
Mia: Man hat auch mehr Zeit für ungeplante Sachen. Beim Festival hat man seine fixe Zeit und im Club hat man so viel Zeit wie man will. Man kann sich nicht so ausbreiten.
Georgij: Genau, also ich bin daher eher für die Clubkonzerte.
Wie geht ihr mit dem Thema Social Media in der Band um?
Georgij: Sehr wichtig! Die PR-Maschinerie verlagert sich immer mehr auf Social Media. Den Content kannst du als Band nur selbst produzieren. Die Profis kümmern sich um die Taktung und die Logarhythmen. Also wir haben kein Managment-Team mehr, wir haben nur ein Social Media-Team. Bookingagentur haben wir schon. Aber die Band teilt sich die Gebiete, die ein Management-Team sonst übernehmen würde. Aber wir werden nun auf Tour wen mitnehmen, der uns filmt, weil das geht nicht, dass wir uns selbst filmen. Wir sind so viele Leute, dass wir uns die Aufgaben aufgeteilt haben. Mia kümmert sich um Merchandise und Verträge, unser Bassist ist für Finanzen und Konto zuständig, unser Trompeter schaut auf die Logistik, der Schlagzeuger ist das Bindeglied zwischen der Band und dem Social Media-Team. Was du nicht selbst machst, wird auch nichts. Aber ich rede natürlich nur für unsere Größenordnung, also wir füllen keine Stadien. Zum Beispiel der Manager von Bilderbuch ist genial. Ab einer gewissen Größe macht das schon einen Sinn. Aber heutzutage würde ich keine Agentur nehmen, die mehrere Bands hat und wenn, arbeitet der Manager nur für mich und tut, was ich ihm sage, also eigentlich wäre er mein Assistent. Wir haben das alles durchgemacht, und das machen wir nicht mehr.
Habt ihr ein eigenes Label?
Nein, wir sind bei einem Label. Es macht für uns keinen Sinn ein eigenes Label zu haben, das wäre nur sinnvoll, wenn wir mehrere Bands produzieren würden.
Und für eure Nebenprojekte wäre das keine Option?
Das sind alles nur Nebenprojekte, Mia hat auch Projekte, aber die sind nicht so groß, dass sich ein eigens Label auszahlen würde. So sind alle Aufgaben bei uns gut verteil und wenn das jemand nicht mehr weiß, dann erinnere ich ihn daran (lacht).
Was ist längerfristig bei Russkaja geplant?
Georgij: Im Jahr 2020 machen wir etwas im Musikvereinsaal. Wir werden die klassische Russische Musik aufgreifen. Also, nach der Tour für dieses Album werden wir das machen. Auch wollen wir Coversongs auf Russkaja-Art machen. Aber nur für unsere Social Media-Kanäle, also die Videos werden keine umfangreichen Produktionen werden.
Russkaja – Tourdaten Frühjahr 2019
28. März 2019 | Nürnberg | Hirsch |
29. März 2019 | München | Backstage Werk |
30. März 2019 | Graz | ppc |
6. April 2019 | Dornbirn | Conrad Sohm |
9. April 2019 | Wien | WUK |
10. April 2019 | Salzburg | Rockhouse |
19. April 2019 | Steyr | Kulturhaus Röda |
Titelbild: Lukas Hueller
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